Немецкий перевод А. Больца
Источник: Lied vom Heereszuge Igors gegen die Polowzer. Ältestes russisches Sprachdenkmal aus dem XII. Jahrhundert, im Urtexte mit Commentar, Grammatik, Glossar und einer metrischen Übersetzung herausgegeben von Dr. A. Boltz. Berlin, 1854.
- 1. Brüder, sagt, wär’s nicht gerathen,
nach dem alten brauch der väter
was die sagen von dem zuge
Igor’s, Swätoslawitsch’s sohne, - 2. melden, uns zu wiederholen,
doch beginnen mag dies lied nur
nach den sagen uns’rer zeit, nicht
nach Bojan’s erhab’ner weise, - 3. denn Bojan, der hehre dichter,
wenn der über’m liede dachte,
schlich sich aus dem lauten kreise
in die einsamkeit des waldes
und durchstrich die schatt’gen haine
wie der graue wolf die haide,
wie der dunkelblaue adler
durch die wölken streift im fluge. - 4. es gedenkt die sage aber
mancher fehde frührer Zeiten;
zehn der falken liess man fliegen
von zehn bänden auf die schwäne;
wessen falk zuerst sie fasste,
der besang den greisen Jaroslaw,
oder Mstislaw den tapfern,
der vor den Kassog’schen schanren
angesichts Roman’s, des schönen,
Swätoslawitsch’ hehren söhne,
den Rededja schlachtete. - 5. Doch Bojan, ihr wisst es, brüdcr,
nimmer liess der falken fliegen;
seine geistdurchhauchten fingcr
legt’ er auf beseelte saiten
und des fürsten rühm erschallte
gleich als tönten sie allein. – - 6. Doch beginnen wir, o brüder,
dieses lied mit der erzählung
von dem alten Wladimire,
um mit Igor dann zu enden,
der den geist mit kraft gestählet
und sein herz mit heldenmute, - 7. der von kriegeslust getrieben
seine tapfern schaaren führte
gegen der Polowzer sitze
um das vaterland zu rächen. - 8. Igor blickte auf zur sonne,
doch von ihr warf sich ein schatten
über seine kriegerschaaren. - 9. und er sprach zu der Drushina:
- 10. „freunde, zwar kein gutes zeichen
ist die finsterniss der sonne,
doch viel besser ist’s zu sterben
als gefangen gar zu leben! - 11. brüder, auf denn, auf die renner,
dass sie uns zum Don hintragen
an die grünen Don’schen ufer.» - 12. ach, des fürsten geist, umstricket
hat die macht ihn der begierde,
nicht des himmelszeichens selber
achtet er in seinem eifer. - 13. „eine lanze will ich brechen,»
spricht er, „mit euch, tapfre Russen,
auf dem felde der Polowzer,
eher will mit meinem helme
ich den Don austrinken, brüder,
als von diesem vorsatz weichen.» - 14. O Bojan, du nachtigall
jener längst verwich’nen zeiten,
dass du jene tapfern streiter
doch besängest! durch die haine
gleich der philomele wandelnd,
doch den geist hoch in den wölken,
und in deinem lied vereinend
jener zeit und dieser ruhm,
der du dem Wladimir folgtest
überall durch thal und höhen! - 15. könntest du doch seinen tapfern
enkel Igor laut besingen! - 16. Diesmal trug kein stürm die falken
schwebend über die gefilde;
unglücksvögel, krähen fliegen
heerdenweis zum grossen Donstrom. - 17. o Bojan! erhab’ner dichter,
du, des glücksgotts Weles enkel
hättest dies besingen sollen! - 18. rosse wiehern an der Sula,
rühm ertönt im hellen Kiev
und in Nowgorod erschmettern
kriegstrompeten; fahnen wehen
zu Putiwl. – Igor wartet
auf den brüder Wsewolod noch. - 19. Wsewolod der wildstier redet
grüssend also zu Igor: - 20. „Einz’ger brüder, einz’ges helles
licht du, Igor! alle beide,
sind wir tapfre Swätslawitschen; - 21. sattle rasch die flücht’gen rosse,
- 22. meine harren längst bei Kursk schon,
aufgeschürrt, vorausgesendet. - 23. aber meine Kurianer,
das sind recken, wurfeskundig,
beim trompetenschall gewindelt
unter helmen eingewiegt;
nahrung ward an lanzenspitzen
ihnen dargereicht; – - 24. die wege
die verborgenen, die graben,
alle kennen sie auf’s beste.
ihre bogen sind besennet,
ihre köcher weit geöffnet,
und die schwerter frisch geschärft. - 25. rüstig sind sie wie die grauen
wölfe, wenn sie hungrig streifen.
ehre suchen sie sich selber
suchen ihrem fürsten ruhm.» - 26. Nach dem wort betrat fürst Igor
mit dem fuss den goldnen bügel,
ritt das blachfeld auf und nieder, - 27. doch die sonne sperrt den pfad ihm,
stellt ihm finsterniss entgegen, - 28. ungewohnte nacht mit grausen
weckt durch klageruf die vögel
und das wild des waldes auf. - 29. und der Div, der unglücksvogel,
schreit vom gipfel eines baumes,
heisst’s das ferne land vernehmen,
an der Wolga, nah am meere,
und die gegend an der Sula
und Suroshu und den Cherson,
und den dort so hoch verehrton
götzen von Tmutarakan. - 30. Die Polowzer unterdessen
auf noch ungebahnten wegen
eilten hin zum grossen Done;
wie ein schwärm vertrieb’ner schwane
krächzet, also knarren nächtlich
ihre schwerbemannten wagen.
und auch Igor führt die schaaren
hin zum Don, - 31. doch weh! die vögel
wittern im voraus sein elend
und die wölfe heulen grässlich,
ihr geheul tönt in den gräben;
und die geier laden klappernd
alles wild zu gast auf knochen;
selbst die fuchse belfern kecker
über all’ die rothen schilde. - 32. Russland! Russland! überschritten
hast du schon das dorf Schelomja. - 33. lange währt die nacht;
- 34. des tages
licht verfliesst im roth des morgens,
nebel decken die gcfilde – - 35. Philomelens lied entschlummert,
es erwacht der elstern schwatzen. - 36. Auf dem blachfeld mit den rothen
schilden bilden jetzt die Russen
eine schutzwehr sich, sie suchen
ehre sich und ruhm dem fürsten. - 37. III
Seit des freitags erstem frühroth
schlugen sie die heidenschaaren
der Polowzer; dann gleich pfeilen
über das gefild sich breitend
machten sie gar reiche beute:
schöne jungfrau’n der Polowzer,
gold und reiche shawls mit ihnen,
sammetstoffe, leichte mäntel,
pelzwerk auch und theure ortma’s - 38. und so viel des reichen zierraths,
dass sie über moor und sümpfe
gleichsam brücken damit legten, - 39. eine rothe kriegsstandarte
eine weisse siegesfahne
reich mit purpurprunk geschmücket
und der schaft aus lauterm silber
ward dem tapfern Swätoslawlitsch. - 40. Und es schlummert im gefilde
Olcg’s tapfres heldennest nun –
weit ist’s diesmal ausgeflogen – - 41. nicht zum unglück war’s erkoren,
nicht dem geier, noch dem falken,
noch Polowzer, dir, du schwarzer
götzendienerischer rabe! - 42. Da eilt Gsak gleich einem grauen
wolfe, hin zum grossen Done
Gontschak ebnet ihm den pfad. - 43. Und am andern morgen frühe
kündet blut’ge morgenröthe
die geburt des jungen tages: - 44. schwarze wölken zieh’n vom meer her
die vier sonnen zu umhüllen,
und sie sprühen blaue blitze. - 45. ha! welch’ grässlich ungewitter,
während es von pfeilen regnet
von dem grossen Don herbei! - 46. IIa! das war ein lanzenbrechen,
und ein grauses schwerterklirren
an den helmen der Polowzer,
an den wassern der Kajala,
nicht zu fern vom grossen Don. - 47. Russland, Russland, überschritten
hast du schon das dorf Schelomja! - 48. diese winde, Stribogs enkel,
pfeile wehen sie vom meere
auf die tapfere Igorschaar. - 49. dumpf erdröhnt der erde veste,
trübe rinnen schon die fluthen,
staub bedecket die gefilde, - 50. während laut die fahnen rauschen. –
neu verstärkt zieh’n die Polowzer
her in grossen heereshaufen,
her vom Don, und her vom meere, - 51. und von allen seiten her!
und die Russen mussten weichen. - 52. und die teufelsbrut der heiden
schanzt sich ein mit wildem jubel,
auch die Russen mit den rothen
schilden, gränzen ab ihr lager. - 53. Wunder hast du heut verrichtet
Wsewolod, du starker wildstier,
als du standest in dem kämpfe!
pfeile sprühst du auf die heere,
donnerst kräftig an die helme
mit dem schwerte, hart von stahle, - 54. wo der wildstier hingesprungen
in dem goldnen helme leuchtend,
liegt ’ne saat von heidenköpfen, - 55. liegen durchgespaltne helme,
die dein scharfes schwert durchdrungen,
starker wildstier Wsewolod! - 56. Wo der hinschlägt bahnt er wunden,
nicht gedenkt er dann der ehren,
noch sein eignes leben schont er.
alles hat er dann vergessen,
Tschernigow, mit dem ererbten
väterlichen goldnen throne,
und der schönen braut Glebowna
holde sitten und gebräuche. - 57. Schwere zeiten sind gewesen
schon in unserm Russenlande!
so die schlachten Trojans, so auch
Jaroslawl’s schwere zeiten,
und des Oleg’s kriegerschaaren,
Oleg’s des Swätoslawitschen, - 58. alle die sind schwer gewesen!
Oleg aber mit dem schwerte
schmiedete uneinigkeit,
säte pfeile rings im lande, - 59. stieg in seinen goldnen bügel,
ritt umher durch Tmutarakan,
kampf und fehde laut verkündend, - 60. und der klang schallt in die ferne
bis zu Jaroslaw dem grossen, - 61. doch in Tschernigow Wladimir,
söhn des Wsewolod, verstopfte
jeden morgen sich die ohren
vor dem grausen kriegsgetöse. - 62. Boris aber, Swätoslawitsch,
der den jungen tapfern fürsten
Oleg arg beleidigt hatte,
ward, wiewohl er hohen ruhm sich
längst erwarb, vor alle fürsten
jetzo in’s gericht gefordert,
und er breitet eine grüne
decke über eine pferdshaut,
wartet harrend des gerichts. - 63. Von demselben Kajalflusse
hatte einstmals seinen vater
Swätopolk herbeigerufen,
mitten zog der durch das lager
der ungar’schen fremden reiter,
zog dahin zum hellen Kiev
hin zur heiligen Sophia. - 64. Oleg auch, der Gorislawlitsch
säte fehde aus im lande,
wuchernd ging sie üppig auf!
selbst Dashd-Bog’s geliebter enkel
büsste mit dem leben; vielen
tausend menschen ward durch diese
fürstenzwiste früh ihr leben
abgekürzt. - 65. nur selten tönte
da des siegesvogels rufen;
raben krächzten nur im lande
leichen unter sich vertheilend,
und die krähen schwatzten, wenn sie
flogen nach dem üpp’gen frasse! – - 66. seht, so war es zu den zeiten
jener kämpfe, jener streiter!
doch ein blut’ger kämpf wie dieser
war bisher noch unerhört!
Und vom morgen bis zum abend
und vom abend bis zum morgen
dauerte das grause morden,
fliegen heisse pfeife wechselnd,
klingen schwerter gegen helme,
krachen hartgestählte speere - 67. auf dem fremden schlachtgefilde
mitten im Polowzerlande.
schwarz getreten ist das blachfeld
von der rosse mächt’gen hufen,
mit gebeinen übersäet
und mit blute übergössen,
ach, zum jammer hatte Russland
in der heimath sie erzeugt! - 68. Was erklingt mir, was erbraust mir
- 69. früh schon, vor der morgenröthe ?
Igor hat die schaar gewendet
denn ihn jammert seines bruders. - 70. und sie schlagen sich und kämpfen
einen und den andern tag:
doch am dritten gegen mittag
senket Igor seine fahnen, - 71. und er selbst giebt sich gefangen,
an dem schnellen fluss Kajala
trennten sich die beiden brüder, - 72. blut’ger wein nur fehlt beim abschied
- 73. und die tapfern Russen haben
jetzt ihr blutig mahl beendigt.
nur die gäste sind gesättigt
doch sie selbst sind unterlegen
für das theure land der Russen, - 74. und es neigt das gras vor leide
seine bahne, traurig beugen
alle bäume ihr gezweig. – - 75. Aber jetzt, o brüder, nahten
sich uns freudenlose Zeiten,
unser heer war wie verschlungen
von der steppe, - 76. selbst die enkel
Dashbog’s, die sonst glücklich waren,
ach, die schmach hält sie umschlungen.
diese stieg, gleich einer jungfrau,
in das land Trojans hernieder,
lüftet ihre schwanenflügel,
fliegt zum Don, sich da zu weiden,
und von dort zum blauen meere,
noth und hunger im gefolg! - 77. Dachte mehr kein fürst zu ziehen
gegen jene heidenschaaren.
und der bruder sprach zum bruder:
„dies ist mein, und mein ist jenes,»
und die fürsten um ein kleines,
als ob sie um grosses stritten,
fingen an sich kämpf zu schmieden, - 78. während allerwärts die heiden
drängen nach im Russenland. - 79. Ach, der falk’ ist fortgezogen,
weit dahin, die vögelschaaren
vor sich hin zum meere treibend, - 80. nimmer werden Igor’s heere,
unseres tapfern, auferstehen! - 81. wild in’s land brach Schla und Karna
brandgeruch - 82. in feuersäulen
breitend durch das land umher.
Laut erscholl der weiber weinen,
und sie sprachen: - 83. „ach, nicht ferner
können wir die theuren gatten
durch gedanken nur erdenken,
durch kein sinnen sie ersinnen,
nicht mit äugen sie erblicken;
und mit ihnen ging nicht wenig
gold und silber uns verloren.» - 84. auch das helle Kiev, brüder,
stöhnte unter schwerem kummer,
Tschernigow vor tiefem leiden, - 85. angst ergoss durch’s ganze land sich,
und gefrässig schritt die drangsal
mitten hin durch’s land der Russen, - 86. doch die fürsten kämpfen immer
noch verblendet mit einander - 87. während siegreich stets die heiden
zieh’n in’s land, tribut erhebend,
je ein eichhorn auf’s gehöft. - 88. Ach, ihr beiden Swätoslawlen,
tapfrer Wsewolod und Igor,
ach, ihr habt der frechen lüge
aufzuwachen raum gegeben;
unter eurem heldenvater
Swätoslaw dem schrecklichen,
der zu Kiev auf dem throne
herrschte, lag sie trag in ruhe, - 89. fürchterlich war der zu schauen
wenn er mit den starken schaaren,
mit den hartgestählten schwertern,
rasselnd hinzog gen Polozk.
Hügel, gräben trat er nieder
seen trübte er und flüsse,
trocknet’ bäche aus und sümpfe
und den heiden Kobjak riss er,
gleich der windsbraut, wenn sie wüthet,
am Asow’schen meere, mitten
aus den reihen der Polowzer,
ob sie zahlreich auch gepanzert
ihren führer rings umgaben.
und es fiel Kobjak in Kiev
im gemache Swätoslawl’s! - 90. damals sangen Deutsche, Griechen,
Mähren und Venetianer
Swätoslawl’s ruhm, doch Igor,
der den kern des heer’s versenkte
auf den boden der Kajala,
die’s Polowzerland durchmesset,
und viel russisch gold mit diesem –
Igor fand ihr mitleid nur. - 91. Jetzt stieg er aus gold’nem sattel
um den Koschtschei’s zu besteigen. - 92. Traurig sind der städte wälle,
jede fröhlichkeit verschwunden, - 93. aber Swätoslaw, im schlafe,
sah ein düstres traumgebilde: - 94. „auf den hügelu Kiev’s, sprach er,
habt, vom abend an die nacht durch,
ihr mit einer schwarzen decke
mich umkleidet, als ich ruhte
auf dem bett von eibenholze. - 95. blauen wein, mit gift gemischet,
reichte man mir dar zum tränke; - 96. aus der köcherart’gen öffnung
einer heidenmuschel schütteln
sie mir eine grosse perle
in den schooss, - 97. mich tief verehrend,
aber ach! mein goldgewölbtes
zimmer, haben sie durchbrochen,
haben meinen kerbehölzern
alle köpfe abgebrochen, - 98. und vom abend an die nacht durch
krächzten Busses unglücksraben, - 99. krächzten auf der flur von Plesnezk
und das thal entlang von Kiss; –
schick ich hülfe nun zum meer?» - 100. Es erwiedern die bojaren:
- 101. „dir, o fürst, hat herber kummer
jetzt den hellen blick umfangen. - 102. sieh’, zwei wack’re falken flogen
fort vom väterlichen throne
von dem thron, aus gold geschmiedet,
nach der stadt Tmutorakan,
sie zu nehmen, oder aber
mit dem helme auszutrinken
auf den grund den grossen Don.»
„Mit dem schwert hat diesen beiden
falken der polowzer heide
ihre schwingen wohl zerhauen,
und sie selbst in eisenfesseln
festgeschlagen. - 103. trüb und düster
war für sie der dritte tag.
und zwei sonnen wurden dunkel,
und zwei purpurfeuersäulen
ach! erloschen, und mit ihnen
wurden auch zwei junge monde,
Oleg war’s und Swätoslawl,
von der finsterniss umzogen. - 104. das geschah am fluss Kajala,
wo die nacht das licht umhüllte: - 105. und von wo, gleich einem neste
wilder panther, die Polowzer
gleich ganz Russland überschwemmten, - 106. alles wild ins meer versenkend,
und die wuth des Chans vermehrten. - 107. läst’rung folgte nun dem lobe,
noth bricht ein wo freiheit herrschte, - 108. und der Div springt auf die erde. –
- 109. siehe, schöne goth’sche jungfrau’n
singen laut an den gestaden
jenes fernen blauen meeres;
klingen laut mit russ’schem golde,
singen Bus ein loblied; preisen
jubelnd des Scharokan rache. - 110. wir allein, o waffenbrüder
dürsten heiss nach freud und lust.» - 111. Also lässt Swätslaw der Grosse
unter thränen gold’ne worte
seinem mund’ entfallen, sprechend: - 112. „O ihr meine theuren vettern
Igor, du, und Wsewolode!
wohl sehr früh habt ihr begonnen
zu zermalmen die Polowzer
und euch selber rühm zu suchen.
aber nicht mit ehren habet
ihr bestanden in dem kämpfe;
ohne ehre ward vergossen
durch euch all das blut der heiden. - 113. eure herzen, stark und tapfer,
sind aus hartem stahl geschmiedet,
und im kampfesmuth gehärtet. - 114. alles dieses habt ihr meinem
silberhaare angethan!» - 115. „Schon seh ich nicht mehr die herrschaft
eines wahrhaft grossen, reichen;
nicht des bruders Jaroslaw’s heere,
die unzähl’gen, seh ich ferner,
die aus Tschernigow’schen Bülen,
aus Moguten und Tatranen,
aus Scheibiren und Toptschaken
aus Rewugen und Scheibiren,
zahllos unter ihm gefochten!
wilde völker! ohne schilde,
nur mit einem stiefelmesser,
stürmten sie mit wildem schreien
siegreich auf die feinde ein.» - 116. „Aber ihr spracht selbstvermessen:
„auf, wir wollen uns ermannen
wollen vordem ruhm der alten,
wollen hintern ruhm der nachweit
unter uns allein vertheilen!» - 117. ist’s ein wunder, wenn im alter
plötzlich ich mich neu verjünge? - 118. denn der falke in dem haue
scheucht mit hocherhobenen fiügeln
kräft’gen schlags die vögel von sich,
lässt dem neste das er hütet
unbill nimmer widerfahren.» - 119. „Schlimm, sehr schlimm ist’s, dass die fürsten
nicht vereint mehr mit mir wirken, - 120. dass sie so die guten zeiten
ganz verdarben. – - 121. schreit bei Rim nicht
dort das volk, von heidenschwertern
hart bedrängt? seufzt Wladimir nicht
unter wunden? - 122. ward nicht schmerz und
kummer jetzt Gleb’s söhn zu theil?» - 123. „Grosser fürst, o Wsewolode!
eilt dein geist denn aus der ferne
nicht herbei, den thron zu schützen,
deinen gold’nen, angeerbten? - 124. denn du kannst mit leichten rudern
leicht den Wolgastrom zerstieben,
und den Don kannst mit dem helme
ohne müh’ du trocken schöpfen, - 125. wärst du hier, dann gälten fürsten
wie der Tschag nur eine Nogat
und der Koschtschei einen Räsan. - 126. du vermagst’s auf trocknem lande
mit beweglichen Scherschiren
eine veste zu beschiessen
gleich den wackern söhnen Gleb’s.» - 127. „Und ihr tapfern degen, Rurik,
David du! wie oft schon schwamm euch
tief im blut der gold’ne helm nicht! - 128. waren’s denn nicht eure recken
die, vom hartem stahl getroffen,
brüllten gleich den auerochsen,
in dem fremden schlachtgefllde ? - 129. auf, ihr herren, alle, steiget
rasch in eure gold’nen bügel!
kämpft, die schmach der zeit zu rächen,
kämpfet für die russ’sche erde,
und für Igor’s schwere wunden,
für den muth’gen Swätoslawlitsch! - 130. und du Jaroslaw von Halitsch,
du achtsinn’ger, hoch erhaben
sitzest du auf gold’nem throne,
hast du doch die Ungerberge
einst mit deinen eisenschaaren
treu gehalten; ihrem könig
fest den weg gesperrt; der Donau
thore dir geöffnet, lasten
über wölken leicht geworfen,
überall gerichte ordnend
längs der Donau, - 131. deine schrecken
rinnen noch durch alle länder!
Kiev’s thore hast du einstmals
dir geöffnet; von dem gold’nen
väterlichen throne hast du
ferne sultane bekriegt.» - 132. „O erlege mit dem pfeile,
herr, den Kontschak und den heiden
Koschtschei für die russ’sche erde,
und für Igor’s schwere wunden,
für den muth’gen Swätoslawlitsch! - 133. und du, muth’ger Roman, tapf’rer
Wsewolod, du auch! es trägt euch
tapf’rer sinn zu raschen thaten. - 134. und du schwimmest hoch zum kämpfe
gleich dem falken, der in lüften
seine weiten schwingen ausspannt,
strebend alle andern vögel
kühnen flugs zu überwinden. - 135. habt ihr beiden doch am helme
feinster abendländ’scher arbeit,
eisenbänder bis zum bruststück.
ha! vor diesen bebt die erde
und des grossen Chans gebiete!
Litthauer, Jatwägen, warfen
fort vor schreck, wie Daromeler
und Polowzer, ihre spiesse.
und vor euren stählern harten
schwertern beugten sie das haupt.» - 136. „Aber nun, fürst Igor, längst schon
ist der sonne licht versieget,
und der hain wirft ohne freude
seine blätter ab. – - 137. ihr theiltet
an der Rsa einst und der Sula
städte aus, doch deine schaaren
Igor, stehen nimmer auf!» - 138. „Fürst, der Don, er schreit dir laut zu,
ruft die fürsten auf zum siege, - 139. und die tapfern Olgowitschen
sind hinaus schon zum gefechte. - 140. es sind Wsewolod und Ingwar,
ferner die drei Mistislawen,
keines schlechten fürstennestes
sechsflügler! die viel der länder
durch des looses sich’res walten
an sich rissen, - 141. wozu dienen
eure gold’nen helme, eure
läch’schen speere, eure schilde? - 142. auf, umschliesst des schlachtfelds pfor-
rasch mit euren scharfen pfeilen [ten
für die heil’ge russ’sche erde,
und für Igor’s schwere wunden,
für den muth’gen Swätoslawlitsch!» - 143. „Und nun zieht die Sula nicht mehr
hin in silberhellen wogen
nach Perejaslaw; die Dwina
fliesst wie sumpf so trübe weiter
zu den schrecklichen Polowzern,
unter heidnischem geschrei.» - 144. „Denn Wassilkow’s söhn, Isjaslaw,
tobt allein mit scharfen schwertern
gegen litthauische helme.
überflügelt hat den kriegsruhm
Wseslaw’s er, des vaters bruder;
aber unter rothen schilden
ward er selbst dahingestrecket
von den schwertern der Litthauer
auf das gras, das blutgetränkte;
und sie hoben auf ein bett ihn, - 145. und er sprach:
- 146. „o fürst, die vögel
haben mit den flügeln grausig
deine Drushina umfächert,
und die wilden thiere labten
leckend sich an ihrem blut.» – - 147. „Nicht sein bruder Brätschäslaw’l,
auch nicht Wsewolod war bei ihm;
einsam aus dem tapf’ren leibe
haucht er seine perlenseele
durch die gold’ne panzeröffhung. - 148. alle freude ist gewichen,
keine stimm’ ertönt; es schmettern
nur trompeten von Gorodensk. - 149. Jaroslaw, und alle enkel
Wseslaw’s, neigen ihre fahnen,
stecken ein die schart’gen schwerter! - 150. aus dem ruhme eures ahnen
seid ihr längst herausgewichen! - 151. habt mit euren zwischenfehden
heiden in das land gezogen.
Wseslaw kostet’ es das leben; - 152. aber Wseslaw, der berühmte,
hatte einst, ’s war sieben jähre
nach Trojan, - 153. das loos geworfen
eine stadt gleich einer jungfrau
zu gewinnen, - 154. auf das streitross
sprang er, führend krumme eisen,
sprengte fort damit gen Kiev,
mit dem schafte seiner lanze
stösst er an den gold’nen sessel; - 155. sprengt von dort, gleich einem wilden
thiere, mitternächt’ger weile
fort aus Bielograd, vom nebel
dicht umhüllt; - 156. doch gegen morgen
legt er seine mauerbrecher
an die Nowgorod’schen thore;
öffnet sie, zerbricht gleich glase
Jaroslawl’s alte ehre; - 157. sprengt, gleich einem wolfe, weiter
zur Nemiga von Dudutok.»
„An den ufern der Nemiga
wirft man schober auf von köpfen,
drischt man mit gestählten flegeln;
auf der tenne legt sich nieder
manches leben; manche seele
weh’t, gleich spreu, hier aus dem leibe, - 158. der Nemiga blut’ge ufer
waren übersät mit unglück,
mit gebeinen russ’scher söhne
waren reich sie übersät.» - 159. „Wseslaw sprach gericht dem volke,
ordnet fürsten ihre städte, –
aber mitternächt’ger weile
sprengt er, wie ein wolf, alleine
nach Tmutarakan, erreicht es
vor dem ersten hahnenschrei!»
„Auch dem grossen Cherson schnitt er
laufend wie ein wolf, den weg ab. - 160. hörte, als man einst die messe
diesem früh in Polotzk läutet,
in der kirche Sanct Sophiae
selbst in Kiev das geläute! – - 161. wohnte zwar die hohe seele
in dem leib’ gleich einer freundin,
litt er oft auch grosse noth.» - 162. „Diesem Wseslaw sang Bojan einst,
der begeistert sinn’ge dichter,
führt ihm an ein altes Sprichwort: - 163. „nicht vermag der feingewandte,
„nicht der glückliche vermag es,
„selbst der vogel nicht des glückes,
Gottes schickung zu umgeh’n!» - 164. „O wie muss jetzt Russland seufzen,
wenn’s gedenkt der frühern zeiten
und gedenkt der frühern fürsten! - 165. leider konnten wir Wladimir’s
glück nicht an die hügel fesseln,
uns’rer stadt, des hellen Kiev! - 166. seine fahnen hat jetzt Rurik,
hat jetzt David; doch sie nähren
schmachvoll den gehörnten heiden
ihre rächen. - 167. an der Donau
singt man nur noch heldenthat!» - 168. Es ertönt der Jaroslawna
stimme gleich des kuckuck’s rufe
wenn er ungesehn des morgens
kuckuck ruft; und also sprach sie: - 169. „längs der Donau, gleich dem kuckuck,
will ich fliegen, - 170. will den ärmel,
fein aus biberfell bereitet,
„ in den fluss Kajala tauchen; - 171. will des fürsten blut’ge wunden
kühlen am entstellten leibe!» - 172. Jaroslawna, frühe weint sie
zu Putiwl, auf dem walle;
sprechend also: - 173. „wind, o weher,
warum also heftig wehst du? - 174. und warum trägst du die Chan’schen
pfeile her auf deinen leichten
schwingen, gegen meines gatten
heere? - 175. ist’s dir nicht genügend
längs des ufers unter wolken
hinzuweh’n, die schiffe blasend,
wiegend sie auf blauem meere? - 176. warum, herr, hast meine freude
du geweht in’s steppengras?» - 177. Jaroslawna, frühe weint sie
zu Putiwl, auf dem walle:
sprechend: - 178. „Dnjepr, hochberühmter!
der du kühn die felsenberge
mitten hin durch der Polowzer
land durchbrochen hast, - 179. du führtest
einst die schiffe Swätoslawl’s
hin zu Kobjak’s schaaren. - 180. führe
mir den gatten zu, sonst send’ ich
thränen bald ihm zu im meer!» - 181. Jaroslawna, frühe weint sie
zu Putiwl, auf dem walle,
sprechend: - 182. „helle, dreimalhelle
sonne, allen menschen bist du
warm und schön; - 183. warum, o herrin,
senkst du deine glüh’nden strahlen
auf die heere meines gatten ?
auf der wasserlosen fläche
hast du dürstend ihre bögen
ausgesogen; ihre köcher
aber schloss der kummer zu!» - 184. Um die mitternächt’ge stunde
braust das meer, und Wassersäulen
heben sich empor, gleich nebeln,
aber Igor’n hat, dem fürsten,
Gott den rückweg offenbaret
aus dem lande der Polowzer
in die russ’sche erde, hin zum
väterlichen gold’nen throne. - 185. längst erlosch die abendröthe, –
Igor, aus des Schlafes banden
ist erstanden,
in gedanken misst das blachfeld
er vom grossen Don zu kleinen
Donez. - 186. seiner harrt am flusse
schon das ross in nächt’ger weile,
und Owlur, der treue knappe,
pfeift ihm, heisst ihn wohl verstehen!
und – verschwunden war der fürst! - 187. Vom geschrei erbebt die erde,
rauscht das gras, denn aufgewunden
wurden der Polowzer zelte, - 188. aber Igor, wie ein wiesel,
schlüpft behend in’s schuf am ufer,
tauchend wie ein weisser gogol, - 189. schwingt aufs schnelle ross sich drüben,
springt auf’s neu, wie ein baarfüss’ger
wolf, von ihm herab - 190. und rennet
hin zur ebene des Donez,
wie der falk in nebeln flieget,
tödtend gänse sich und schwane
so zum frühstück, wie zum mittag
und zur abendmahlzeit. - 191. während
Igor gleich dem falken hinflog,
lief Owlur gleich einem wolfe,
triefend von dem kühlen nachtthau.
die schnellfüss’gen rosse aber
hatten beide erst versprengt. - 192. Donez spricht:
- 193. „fürst Igor, gross ist
jetzt dein ruhm, und Kontschaks ärger
und des russ’schen landes freude.» - 194. Igor spricht:
- 195. „o Donez, gross ist
auch dein ruhm, der du den fürsten
schaukelnd auf den wellen hintrugst,
bettetest ihm grünen rasen
an den silberhellen ufern;
ihn in warme nebel hülltest
unterm schatten grüner bäume; - 196. wie ein gogol ihn bewachtest
auf dem wasser, wie ein kibitz
auf den wogen, wie die schwarze
trauerente in den lüften. - 197. nicht so, spricht er, tliat die Stugna,
denn die hat gar tück’sche wellen,
und verschlang viel fremde bäche
und hat am gestrüpp manch fahrzeug
schon zerschellt. dem jungen fürsten
Rostislaw verschluss der Dnjepr
einst die dunkeln ufer. - 198. trauernd
weint die mutter Rostislawna
um den Jüngling Rostislaw. - 199. und es welkten hin die blumen
vor der klage, und vor trauer
beugte sich der hain zur erde; - 200. nur die elstern schwatzten lauter.»
Auf der spur des Igors reiten
Gsak und Kontschak mit einander, - 201. damals krächzten nicht die raben,
und die krähe schwieg, die elster
schwatzte nicht; - 202. nur auf den ästen
schwangen sie sich hin und wieder.
und der specht zeigt durch sein klopfen
hin zum fluss den pfad den beiden,
aber nachtigallen künden
durch die freudigsten gesänge
die geburt des lichtes an. - 203. Und es redet Gsak zu Kontschak:
- 204. „wenn der falk sein nest erreichet
wollen wir den jungen falken
mit dem gold’nen pfeil erlegen.» - 205. doch zu Gsak spricht Kontschak also:
- 206. „wenn der falk sein nest erreichet
wollen wir den jungen falken
fah’n durch eine schöne Jungfrau.» - 207. Gsak entgegnet Kontschak also:
- 208. „fesseln wir durch eine schöne
jungfrau ihn, so wird uns weder
beute sein der junge falke
noch die schöne jungfrau bleiben;
denn sie werden alle vögel
tödten im Polowzer lande.» - 209. Auch die züge Swätoslawl’s,
jenes sängers alter zeiten,
der dem Kogan Oleg diente,
Kogan Oleg Jaroslawl,
hat Bojan gar fein besungen, - 210. wie ein haupt die sorge drücket,
wenn den arm die fesseln lähmen,
ist’s dem körper auch nicht besser,
fehlet ihm das haupt. o Igor,
so ist’s Russland ohne dich! - 211. Hoch am himmel strahlt die sonne,
Igor ist bei seinen Russen, - 212. mädchen singen an der Donau,
über’s meer erklingen stimmen
bis gen Kiev; - 213. doch fürst Igor
reitet über Borikschewa
hin zur heil’gen Gottesmutter
von Pirogoschtschei. - 214. die länder
jubeln; städte jauchzen, - 215. singen
erst ein lied dem alten fürsten,
dann ein anderes dem jungen, - 216. heil dem Igor Swätoslawlitsch,
Wsewolod, dem muth’gen wildstier,
und Wladimir, Igor’s söhne! - 217. lebe hoch fürst und Drushina,
die da kämpfen für die Christen
gegen wilde heidenschaaren! - 218. heil dem fürsten widerfahre
und auch der Drushina. Amen!
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Орехов Б. В. Параллельный корпус переводов «Слова о полку Игореве»: итоги и перспективы // Национальный корпус русского языка: 2006—2008. Новые результаты и перспективы. — СПб.: Нестор-История, 2009. — С. 462—473.